Der Kampf gegen Brustkrebs – wie 3D-Druck unterstützt

Marco Lepple
Marco Lepple 12. Februar 2025

Brustkrebs ist eine der weitverbreitetsten Krebsarten weltweit. Laut dem World Cancer Research Fund wurden 2022 bei Frauen beinahe 2,3 Millionen neue Fälle an Brustkrebs entdeckt, davon über 74.000 in Deutschland, und im selben Jahr sind über 666.000 Frauen weltweit nachgewiesen an den Folgen von Brustkrebs gestorben.

Damit sind Mammakarzinome die vierthäufigste tödliche Krebsart hinter hepatozellulären Karzinomen (Leberkrebs), kolorektalen Karzinomen (Darmkrebs) und Bronchialkarzinomen (Lungenkrebs). Und auch wenn es vielen Männern nicht bewusst ist, auch sie können an Brustkrebs erkranken. Zwar liegt der Anteil von Männern mit Brustkrebs im Gegensatz zu Frauen bei unter 1 %, dafür ist jedoch die Mortalitätsrate laut einer Studie aus den Vereinigten Staaten über 19 % höher als die von Frauen – insbesondere aufgrund zu spät erkannter Mammakarzinome.

Der Brustkrebsvorsorge kommt eine elementare Wichtigkeit zuteil, wenn es darum geht, tödliche Verläufe zu verhindern. Brustkrebs gilt als eine der vergleichsweise gut behandelbaren Krebsarten, was durch die Fünfjahresüberlebensrate von ca. 90 % bei im Frühstadium erkannten Mammakarzinomen unterstützt wird. Weitere Informationen rund um Brustkrebsvorsorge erhalten Sie hier.

Wie bei allen Krebsarten geht es also auch beim Brustkrebs häufig besonders um Zeit. Eine schnelle Erkennung und Behandlung von Mammakarzinomen ist das wichtigste Instrument, um die Überlebenschancen hoch zu halten.

In diesem Blogpost soll es darum gehen, wie der 3D-Druck MVZ, Ärzte und Chirurgen dabei unterstützen kann, die Brustkrebserkennung zu beschleunigen und die Behandlung zu verbessern.

Aus- und Weiterbildung

Der medizinischen Aus- und Weiterbildung kommt bei der Erkennung von Brustkrebs eine essenzielle Rolle zu. Egal, wie fortgeschritten die Technologien zur Erkennung von Mammakarzinomen werden, ohne ausgebildeten Arzt, der diese einsetzt oder Frühwarnzeichen erkennt, sind diese nicht zielführend.

Eines der weitverbreitetsten Verfahren zur Erkennung von Brustkrebs ist die Kernnadelbiopsie. Bei diesem minimalinvasiven diagnostischen Verfahren wird eine Biopsienadel unter bildgebenden Verfahren, beispielsweise Ultraschall, in das Brustgewebe eingeführt und eine zylindrische Probe des verdächtigen Gewebes entnommen, welches daraufhin klinisch analysiert wird.

Diese Methode, welche weitaus weniger invasiv als eine klassische chirurgische Biopsie ist, benötigt allerdings ein sehr hohes Maß an Präzision. Zur physischen Übung kommen dabei häufig universelle Brustmodelle aus Silikon, Gelatine oder Latex zum Einsatz, welche zumeist mit verschiedenen Gussverfahren hergestellt werden.

Diese herkömmlichen Modelle kommen jedoch mit einigen Schwierigkeiten. Einerseits sind sie relativ teuer, je nach Komplexität kosten realistische Brustmodelle zwischen 500 und 2.000 Euro das Stück, andererseits bietet die Einheitlichkeit der Modelle weniger Praxiserfahrung, da in Realität jede Brust und jeder Tumor individuelle Eigenschaften besitzt.

Der 3D-Druck unterstützt medizinische Fachhochschulen und Universitäten hierbei mit der Möglichkeit, schnell und kostengünstig unterschiedliche Brustmodelle herzustellen. Dadurch können angehende und auch bereits ausgebildete Chirurgen auch seltenere klinische Fälle ausgiebig erproben.

Aber was ist mit der Präzision, dem zweifelsfrei wichtigsten Faktor bei der Kernnadelbiopsie, welchem natürlich auch in der Übung eine höchstmögliche Wichtigkeit zukommt? Die Creighton University in Omaha, Nebraska, hat die Multimaterial-Fähigkeiten der Stratasys® Digital Anatomy-Plattform genutzt, um Brustmodelle zum Training von Kernnadelbiopsien herzustellen und war von den Ergebnissen mehr als begeistert.

Gemeinsam mit einem Radiologen mit Schwerpunkt Mammadiagnostik fanden sie heraus, dass das 3D-gedruckte Modell sogar mehr Präzision ermöglichte, als herkömmliche Silikonmodelle. Bei vorgefertigten Silikonmodellen hatte der Radiologe die Erfahrung gemacht, dass sich die Nadel beim ersten Einführen unnatürlich zurückzieht, was beim 3D-gedruckten Modell nicht geschah. Außerdem war die Biopsiemulde beim additiv gefertigten Modell näher an der Realität als bei den Silikonmodellen.

Eine andere Studie aus dem Jahr 2020 ging spezielle auf die anatomische Genauigkeit von 3D-gedruckten Modellen im Gegensatz zu Gelatine-Modellen ein. Auch in diesem Aspekt konnten die 3D-Druck-Modelle hervorragende Ergebnisse erzielen, wobei es jedoch Schwierigkeiten bei der Ultraschall-Untersuchung gab. Diese Schwierigkeiten hatte auch die Creighton University zu Beginn, konnte sie jedoch nach einigen Feinjustierungen am Ultraschallgerät überwinden und somit auch hier die 3D-gedruckten Modelle vollumfänglich nutzen.

Alles in allem ermöglicht der 3D-Druck medizinischen Aus- und Fortbildungseinrichtungen die Herstellung anatomisch genauerer, kostengünstigerer und individuellerer Brustmodelle, mit denen die Schulung von essenziellen Untersuchungen, insbesondere die Kernnadelbiopsie, realitätsnaher gestaltet wird.

Präoperative Planung

Sobald bei einem Patienten Brustkrebs diagnostiziert wurde, muss es schnell gehen. Um eine Vergrößerung oder gar eine Metastase zu verhindern, muss ein operativer Eingriff, der in den meisten Fällen erforderlich ist, um den Tumor restlos zu entfernen, schnellstmöglich erfolgen.

Dieses kurze Zeitfenster wird dadurch, dass die Behandlung von Brustkrebs eine multidisziplinäre Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Bereichen wie Chirurgie, Onkologie, Pathologie und Radiologie erfordert, noch einmal dringlicher gestaltet.

Nichtsdestotrotz ist eine ausgiebige präoperative Planung, egal ob Brusterhaltungschirurgie oder Mastektomie, natürlich auch essenziell. Eine mangelnde Vorbereitung kann nicht nur zu Komplikationen während der OP, sondern auch danach führen, beispielsweise wenn positive Resektionsränder (Schnittränder mit Tumorzellen) nicht entfernt wurden.

Klassischerweise wird die präoperative Planung anhand 2D-Mammographie- oder digitalen 3D-MRT-Bildern vorgenommen. Diese Bilder, so hochauflösend sie auch sein mögen, können niemals im selben Umfang die anatomischen Beziehungen zwischen dem Tumor, der darüber liegenden Haut, den Milchdrüsen, dem Fettgewebe, der Brustwarze und dem großem Brustmuskel (Musculus pectoralis major) darstellen, wie es ein reales 3D-Objekt könnte.

Um Chirurgen bei der präoperativen Planung zu unterstützen, können die per MRT gefertigten 3D-Dateien nach Umwandlung in ein geeignetes Format mittels einem 3D-Drucker in ein echtes 3D-Objekt verwandelt werden. Dabei können kritische Strukturen, beispielsweise Blutgefäße oder Lymphknoten, hervorgehoben werden, um eine präzise Operationsstrategie zu entwickeln und die Invasivität der Operation zu minimieren.

Des Weiteren können diese Modelle bei der Arzt-Patienten-Kommunikation unterstützen. Anhand dem Modell können Chirurgen ihren Patienten detailliert beschreiben, wie genau die Operation vonstattengehen wird und wie sie sicherstellen, dass sie sicher verläuft. Dadurch erhalten Patienten nicht nur ein besseres Verständnis von ihrer Behandlung, sondern gewinnen auch an Sicherheit.

Zu guter Letzt können diese Modelle auch für eine Operationssimulation verwendet werden. Mittels realitätsnaher Materialien, beispielsweise den DAP-Materialien von Stratasys®, kann der Chirurg die Operation an dem 3D-Druck-Modell durchführen und dabei realistisches taktiles Feedback erhalten.

Für die präoperative Planung stellt der 3D-Druck mit seinen Möglichkeiten eine revolutionäre Weiterentwicklung dar. Durch den Realismus, der inzwischen mit dem 3D-Druck möglich ist, erhalten alle Beteiligten ein besseres Verständnis für die Operation und Behandlung von Brustkrebs.

Intraoperative Markierungen

Aber nicht nur vor einer Operation ist der 3D-Druck ein ideales Mittel, um die Arbeit von Chirurgen zu erleichtern – auch während der Operation kann der 3D-Druck maßgeblich unterstützen.

Bei einer Brustkrebsoperation werden in der Regel die zuvor angefertigten 2D-Bilder zur genauen Lokalisation verwendet. Häufig werden auch Draht oder Clips verwendet, um den Tumor während der Operation auf der Brust zu markieren. Diese Methode zur intraoperativen Lokalisierung führt jedoch in 20 bis 30 Prozent der Fälle zu positiven Schnitträndern und somit zu Nachsektionen oder gar zu einem Rezidiv.

Der 3D-Druck bietet die Möglichkeit auf Basis von per bildgebenden Verfahren generierten 3D-Daten, individuelle und exakte chirurgische Schablonen herzustellen, welche im Fall von Brustkrebsoperationen eine exakte Markierung des Tumors, beispielsweise per Injektion blauen Farbstoffs, auf der Brust ermöglichen.

Eine Studie aus dem Jahr 2017 konnte dabei den Erfolg solcher 3D-gedruckter Schablonen bestätigen. Die 3D-gedruckte Schablone wurde an 19 Frauen mit tastbarem Brustkrebs evaluiert und konnte dabei 18 Tumore exakt lokalisieren, wobei alle 68 Injektionen mit dem blauen Farbstoff außerhalb der Tumorränder lagen.

Seit 2020 wird eine weitere Studie mit über 400 Probanden zu 3D-gedruckten Schablonen zur Tumormarkierung durchgeführt. Leider werden die Ergebnisse dieser Studie jedoch erst im April dieses Jahres erwartet. Bei einer Erfolgsquote von beinahe 95 % in der ersten Studie können wir auf diese Ergebnisse jedoch zweifellos sehr gespannt sein.

Durch die Möglichkeit, Markierungen während der Brustoperation exakter zu setzen, könnte der 3D-Druck in Zukunft in der Lage sein, positive Schnittränder und damit rezidivierenden Krebs zu minimieren und somit hunderttausenden Frauen weltweit dabei helfen, den Krebs vollständig hinter sich zu lassen.

Brustrekonstruktion

Nach einer Mastektomie ist die Brustrekonstruktion ein wichtiger finaler Schritt, um Patienten ein Weg zurück in ihr altes Leben ermöglichen. Studien, beispielsweise diese australische Studie aus dem Jahr 2016, belegen, dass Frauen mit einer Brustrekonstruktion nach einer Mastektomie eine bessere psychosoziale Anpassung sowie eine höhere Lebensqualität besitzen als Frauen ohne Brustrekonstruktion.

Die häufigste Variante der Brustrekonstruktion ist dabei die implantatbasierte Brustrekonstruktion. Inzwischen hat sich jedoch die autologe Brustrekonstruktion, bei der die Rekonstruktion der Brust mit körpereigenen Gewebelappen erfolgt, zu einer besseren Variante entwickelt, unter anderem durch die Schaffung einer natürlich wirkenderen Brust sowie einer noch höheren Lebensqualität als bei implantatbasierten Rekonstruktionen, wie diese deutsche Studie aus dem Jahr 2022 erforscht hat.

In der autologen Brustrekonstruktion gibt es mehrere Stellen, an denen Gewebe für die Rekonstruktion entnommen werden kann. Besonders häufig wird dabei der DIEP-Flap (Deep Inferior Epigastric artery Perforator), ein ellipsoider Unterbauchfettlappen, der eine große Lappenmasse und -dimension erreicht, genutzt.

Der Erfolg dieser Rekonstruktion hängt intrinsisch mit der Identifikation und Präparation geeigneter Gefäße zusammen. Da die Gefäße am DIEP-Flap häufig einen komplexen Verlauf durch den geraden Bauchmuskel (Musculus rectus abdominis) nehmen, ist die intramuskuläre Dissektion jedoch relativ zeitaufwendig und herkömmliche 2D-Methoden zur Darstellung der abdominalen Gefäßanatomie, beispielsweise Computertomographie-Angiographie (CTA), lassen zum Teil nur die Lage der Perforatoren erkennen, ohne den komplexen Verlauf intramuskulärer Gefäße deutlich darzustellen.

Durch die Möglichkeit, diese 2D-Modelle zu realen 3D-Objekten zu machen, ergibt sich für Chirurgen bei der Rekonstruktion neue Möglichkeiten zur realistischen Darstellung des Gefäßverlaufs. So wurde bereits 2019 die Kombination aus CTA-Scan, „DICOM to print“-Software und Stratasys® PolyJet™-Technologie sowie deren Multifarb-Fähigkeiten in einer Kooperation mehrerer medizinischer Universitäten genutzt, um Modelle zu erstellen, die den Verlauf der Gefäße durch den Musculus rectus abdominis detailgetreu und leicht erkennbar wiedergeben.

Neben der Detailtreue war insbesondere die herausragende Druckgeschwindigkeit beeindruckend. Nachdem der CTA-Scan erfolgt ist, benötigte das 3D- und Quantitative-Imaging-Team nur zwischen 48 und 72 Stunden, um aus dem 2D-Bild ein realitätsnahes 3D-Objekt zu erschaffen und dieses zu drucken.

Der 3D-Druck erschafft somit die Möglichkeit, die autologe Brustrekonstruktion weitaus sicherer zu gestalten. Durch die exaktere Darstellung der intramuskulären Gefäße können Chirurgen die Entnahme besser planen, wodurch auch die Erfolgsrate dieser Brustrekonstruktionen gesteigert werden kann.

Bioprinting

Während alle bisher besprochenen Möglichkeiten des 3D-Drucks im Kampf gegen Brustkrebs bereits jetzt möglich sind, soll der finale Abschnitt einen kleinen Ausblick in eine mögliche Zukunft geben.

Bioprinting, ergo der dreidimensionale Druck biologischer Gewebe aus lebenden Zellen, wird bereits seit den 2000er-Jahren aktiv erforscht. Insbesondere in den 2010er-Jahren wurden eine beträchtliche Anzahl an Fortschritten in diesem Gebiet erzielt – von 3D-gedruckten Haut- und Knorpelstrukturen bis hin zu Mini-Organen zur Testung neuer Medikamente.

Diese wie Science-Fiction wirkende Technologie könnte in der Zukunft auch im Bereich der Brustkrebsbehandlung – speziell bei Brustrekonstruktionen – von großem Nutzen sein. Anstelle eines einfachen Implantats oder entnommenem Eigengewebe könnte Bioprinting genutzt werden, um Implantate aus dem natürlichen Brustgewebe der Frau zu drucken.

Auch wenn dieses Szenario noch in weiter Ferne erscheint, laufen nichtsdestotrotz bereits eine Vielzahl von Studien rund um das Bioprinting von Brustgewebe, beispielsweise diese seit 2023 laufende Studie oder diese in 2018 angefertigte Studie, die sich speziell mit der Rekonstruktion des Brustwarzen-Warzenhof-Komplexes mithilfe 3D-Druck befasst.

Ob Bioprinting das Potenzial besitzt, die Medizin grundlegend zu verändern, wird jedoch nur die Zukunft zeigen können. Die stetigen Fortschritte und Studienergebnisse lassen jedoch Gutes erhoffen. Sobald es weitere Entwicklungen in diesem Bereich gibt, finden Sie auf diesem Blog mit Sicherheit die neuesten Updates.

Fazit

Der 3D-Druck bietet für die Bekämpfung von Brustkrebs eine Vielzahl von außergewöhnlichen Möglichkeiten – und das perioperativ. Egal ob Aus- und Weiterbildung, präoperative Planung, intraoperative Markierungen oder Brustrekonstruktion, der Fortschritt des medizinischen 3D-Drucks ermöglicht bereits heute für medizinisches Fachpersonal auf der ganzen Welt eine bessere Patientenversorgung.

Mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung des 3D-Drucks eröffnen sich immer neue Möglichkeiten, um die Patientenversorgung weiter zu verbessern. Es bleibt spannend zu beobachten, welche Fortschritte die Zukunft bringen wird – und wie diese Technologie weiterhin dazu beitragen kann, Brustkrebs effizienter zu bekämpfen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit – und bis zum nächsten Blogpost!