Mit Sicherheit in den OP-Saal – wie der 3D-Druck die präoperative Planung revolutioniert

Marco Lepple
Marco Lepple 22. April 2025

Chirurgische Eingriffe sind immer nervenaufreibend – aber nicht nur für den Patienten. Auch Chirurgen stehen bei Operationen natürlich unter großem Druck. Ein fehlerhafter Handgriff oder eine unvorhergesehene Komplikation können ausreichen, um selbst einen Routineeingriff in eine lebensbedrohliche Situation zu verwandeln.

Um diesen Druck zu minimieren, ist die präoperative Planung essenziell. Mit dieser können Chirurgen sowohl die eigentliche Operation trainieren als auch potenzielle intraoperative Komplikationen antizipieren sowie Strategien zu deren Management entwickeln und somit für beide Seiten mehr Sicherheit schaffen.

Diese präoperative Planung läuft dabei entweder digital oder mithilfe anatomischer Modelle ab. Die digitale Variante ist speziell aufgrund der schnellen Modifizierbarkeit des digitalen Modells sehr beliebt, bietet jedoch natürlich nicht das taktile Feedback, das Modelle bieten können.

Traditionell hergestellte Modelle, häufig mit dem Spritzgussverfahren, CNC oder Vakuumguss, hergestellt, liefern zwar das gewünschte taktile Feedback, gehen allerdings mit eigenen Problematiken einher. Produktionszeiten, Arbeitsaufwand und fehlende Individualisierung sind davon die Wichtigsten.

Der 3D-Druck kann dank seinen einzigartigen Eigenschaften Abhilfe schaffen. In diesem Blogpost möchte ich darauf eingehen, welche Vorteile der 3D-Druck für die Herstellung von Medizinmodellen bietet. Dabei werde ich mich auf die essenziellsten beschränken, auch wenn es sicherlich noch viele Weitere gibt.

Personalisierung

Eines der größten Argumente für die Nutzung des 3D-Drucks für die Herstellung von Medizinmodellen ist die Möglichkeit, personalisierte Modelle schnell und mit sehr geringem Arbeitsaufwand herzustellen.

Während bei herkömmlichen Methoden für jedes individuelle Modell Vorlauf- und Umrüstzeiten miteingeplant werden müssten, lassen sich per Additiver Fertigung Einzelstücke zumeist vollständig ohne Umrüstzeiten, maximal ein Materialwechsel kann gegebenenfalls von Nöten sein, umsetzen.

Anstelle eines Austausches von Maschinenköpfen oder der Herstellung neuer Gussformen reicht einfach das Abändern des digitalen Modells aus, damit der 3D-Drucker die gewünschten Änderungen umsetzt.

Dies ist insbesondere relevant, wenn es um komplexe chirurgische Eingriffe geht oder Krankheitsbilder, die in der Praxis selten vorkommen. Mit der Personalisierung durch den 3D-Druck haben Chirurgen auch für diese Fälle ein hochdetailliertes, praxisorientiertes und lebensechtes Modell, um ihre Operation ausgiebig zu planen.

Produktionsgeschwindigkeit

Wenn es um Operationen geht, ist Zeit oftmals von höchster Wichtigkeit. Wenn auf Dringlichkeit dann auch noch Komplexität trifft, stehen Chirurgen vor einer schwierigen Aufgabe. Sie müssen sich bestmöglich auf die Operation vorbereiten, dürfen aber zeitgleich keine Zeit verlieren.

Während herkömmliche Methoden für ein Modell, je nach Größe und Komplexität, zwischen einigen Tagen bis hin zu über einer Woche benötigen, kann der 3D-Druck, nachdem ein hochqualitativer DICOM-Datensatz erstellt wurde, ein hochdetailliertes Modell innerhalb weniger Stunden bis hin zu einem Tag drucken.

Diese Geschwindigkeit reicht natürlich zwar immer noch nicht für Notfalloperationen, aber für solche wäre keine Geschwindigkeit der Welt ausreichend, um Chirurgen eine ausreichende Operationsvorbereitung zu ermöglichen.

Bei anderen dringlichen Operationen mit zumindest einem kurzen Zeitfenster zur Planung, kann dieser Geschwindigkeitsgewinn jedoch zwischen keinerlei und zumindest rudimentärer Vorbereitung geben, welche Chirurgen bereits weitaus mehr Sicherheit geben kann.

Kosteneffizienz

Wenn es um simple, standardisierte und in sehr hoher Stückzahl hergestellte Medizinmodelle geht, sind herkömmliche Methoden zweifellos die kostengünstigere Option. Mit Kosten zwischen 100 und 300 Euro, welche mit steigenden Stückzahlen immer weiter sinken, kann die Additive Fertigung nicht konkurrieren.

Wenn es jedoch um detailreiche Einzelstücke oder Kleinserien geht, trumpft der 3D-Druck vollständig auf. Durch den Wegfall von Vorlauf- und Umrüstzeiten wird der manuelle Arbeitsaufwand, und somit auch die Kosten für diesen, massiv reduziert.

Außerdem sticht der 3D-Druck mit seiner Materialeffizienz hervor. Egal ob herkömmliche oder Additive Fertigung, speziell für Medizinmodelle konzipierte Materialien sind aufgrund der einzigartigen Eigenschaften, die für ein perfektes taktiles Feedback zwingend benötigt werden, im Vergleich zu Standardmaterialien relativ kostenintensiv.

Während bei herkömmlichen Methoden allerdings viel Materialausschuss entsteht, arbeitet der 3D-Druck enorm materialsparend, was die Kosten weiter senkt. Durch diese Faktoren können selbst hochkomplexe Modelle, die mit herkömmlichen Methoden mehrere tausend Euro kosten würden, per In-House 3D-Druck mit Kosten von wenigen hundert Euro hergestellt werden.

Taktiles Feedback

Der wichtigste Faktor, warum Medizinmodelle überhaupt hergestellt werden, ist das taktile Feedback, dank welchem der Chirurg die Reaktion verschiedener Gewebearten, Knochen, Organe und mehr auf seinen Krafteinsatz und seine Bewegungsabläufe simulieren kann.

Lange Zeit hatte der 3D-Druck die Herausforderung, Materialien zu liefern, welche ein realistisches taktiles Feedback liefern können. So schön Zeit- und Kosteneinsparungen sowie Personalisierung sind, wenn die Modelle nicht realitätsgetreu reagieren, wird eine intensive präoperative Planung unmöglich.

Diese Herausforderung wurde inzwischen jedoch vollumfänglich erfüllt. Insbesondere die DAP-Materialien (Digital Anatomy™ Printing) von Stratasys® erlauben für ein bis dato unerreichtes Level an Realismus für 3D-gedruckte Medizinmodelle.

Mit diesen Materialien können nicht einfach nur Weichgewebe-, Knochen- und Organsimulation mit patientenspezifischer biomechanischer Übereinstimmung nachgebildet werden, durch die Nutzung der PolyJet™-Technologie können auch verschiedenste Materialien zeitgleich gedruckt werden, wodurch Eigenschaften wie Härtegrade oder Elastitzitätsmodule ganz individuell angepasst werden können, um somit ein einzigartiges taktiles Feedback zu ermöglichen. Eine Fallstudie, bei denen der Einsatz dieser Materialien die Operationsvorbereitung massiv simplifizieren konnte, mit diesen Materialien finden Sie hier.

Fazit

Diese hier aufgezählten Vorteile des 3D-Drucks für die präoperative Planung sind nur die Spitze des Eisbergs. Durch den erhöhten Personalisierungsgrad werden unter anderem auch die Kommunikation, sowohl bei interdisziplinären Behandlungen als auch zwischen Arzt und Patient, verbessert, die Aus- und Weiterbildung realitätsnaher gestaltet und vieles mehr.

Wenn Sie die hier genannten Vorteile bereits überzeugt haben oder Sie mehr zu den verschiedenen Möglichkeiten des 3D-Drucks erfahren möchten, kontaktieren Sie gerne unsere Experten, die Sie individuell auf Ihren Anwendungsfall zugeschnitten beraten werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit – und bis zum nächsten Blogpost!