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Digitale Zähne – Die Möglichkeiten der Additiven Fertigung in der Dentalindustrie

Zähne können ein ganz schön leidiges Thema sein. Selbst bei guter Pflege können einzelne Krankheitsbilder nicht ausgeschlossen werden – und von diesen Krankheitsbildern gibt es einige. Bruxismus, Karies, Gingivitis, Pulpitis, Zahnwurzelentzündungen und viele weitere Krankheiten existieren, mit denen Menschen tagtäglich zu kämpfen haben.

Tagtäglich ist hierbei keine Übertreibung. Die Leistungsausgaben der Krankenkassen für zahnärztliche Behandlungen (16,7 Mrd. Euro im Jahr 2022), ca. 1,3 Millionen Zahnimplantate (Stand 2018) und 69.075 Zahnoperationen (Stand 2017) sprechen eine eindeutige Sprache.

All diese Zahlen steigen durchgängig an. 2017 lagen die Leistungsausgaben für zahnärztliche Behandlungen noch bei 14,1 Mrd. Euro und die Anzahl der Zahnimplantate hat in den letzten 25 Jahren um ca. 242 % (!) zugenommen. Die Gründe hierfür sind offensichtlich – die Lebenserwartung steigt und zeitgleich werden unsere Essgewohnheiten immer zahnunfreundlicher.

Diese Gründe kann die Additive Fertigung leider nicht revidieren. Sie kann Zahnkrankheiten auch leider nicht verhindern. Aber sie kann die Behandlungsmethoden simplifizieren, verbessern sowie kostengünstiger gestalten und zeitgleich Patientensicherheit und -komfort erhöhen – und das alles erreicht sie bereits im großen Maßstab.

Welche Art der Additiven Fertigung ist für die Dentalindustrie geeignet?

Bevor wir zu den vielfältigen Möglichkeiten des 3D-Drucks in der Zahnmedizin kommen, sollte erst einmal geklärt werden, welche der vielzähligen Technologien innerhalb der Additiven Fertigung geeignet sind, um diese Möglichkeiten für die Dentalindustrie zu erfüllen. Die Antwort auf diese Frage ist auch schnell gegeben – der Resin-3D-Druck.

Der Resin-3D-Druck, welcher flüssige biokompatible Harze mithilfe von UV-Licht aushärtet, ist durch seine immense Genauigkeit und den mannigfach vorhandenen und speziell auf die Dentalindustrie ausgelegten Materialien bereits seit langer Zeit ein Garant für die schnelle und detailgenaue Produktion von verschiedenen Indikationen und Werkzeugen für die Zahnmedizin.

Die Unterkategorie des Resin-3D-Druckers spielt dabei grundsätzlich eine untergeordnete Rolle. Ob Stereolithografie (SLA), Digital Light Processing (DLP), Lubricant Sublayer Photo-curing (LSPc®) oder PolyJet™ – alle diese Technologien sind in der Lage hochwertige Teile zu produzieren, wobei bestimmte Einzelheiten, beispielsweise die Geschwindigkeit, variieren können. Um einen genaueren Überblick über die einzelnen Unterkategorien des Resin-3D-Drucks zu erhalten, empfehle ich die folgende Einführung in die Thematik.

Für Anschauungsmodelle und Prototypen eignet sich neben dem Resin-3D-Druck auch noch der 3D-Druck mit Pulver. Voll funktionsfähige Indikationen sind mit dieser Drucktechnologie jedoch bis dato nicht möglich, weswegen der Resin-3D-Druck, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, die einzige Möglichkeit bleibt, diese additiv zu fertigen.

Wie ermöglicht die Additive Fertigung höhere Effizienz?

Nun kennen wir also die ideale 3D-Drucktechnologie für die Zahnmedizin – schön und gut. Aber wie genau kann die Additive Fertigung nun dabei helfen, die Dentalindustrie produktiver zu gestalten?

Schneller, präziser, individueller

Der 3D-Druck bietet diverse Vorteile im Gegensatz zur klassischen subtraktiven Fertigung. Einer der größten Vorzüge, insbesondere in der Dentalindustrie, ist die hohe Geschwindigkeit von 3D-Druckern.

Viele Zahnkrankheiten verursachen beim Patienten starke Schmerzen und auch wenn die Wartezeit auf die passende Indikation mit Schmerzmitteln überbrückt werden kann, so ist diese weiterhin mit großem Unbehagen für den Patienten verbunden. Die Additive Fertigung ermöglicht die schnellere Herstellung der vom Patienten erhofften Linderung und erhöht somit dessen Zufriedenheit und Komfort.

Auch was Präzision angeht sind die additiven Fertigungsmethoden inzwischen auf einem enorm hohen Level angekommen. Insbesondere bei feinen Details, welche in der Dentalindustrie bei vielen Indikationen unabdinglich sind, kann der 3D-Druck die herkömmlichen Fertigungsmethoden in den Schatten stellen.

Die erhöhte Designfreiheit bei der Additiven Fertigung liefert einen weiteren bedeutsamen Vorteil – Individualität. Keine zwei Zahnreihen, Kieferformen oder Alveolarfortsätze sind identisch. Daher ist es unerlässlich, dass Dentalindikationen exakt an den jeweiligen Patienten angepasst sind, um sowohl Funktionalität als auch Sicherheit und Komfort des Patienten zu gewährleisten. Außerdem spart eine exakte Anpassung für das Dentallabor bzw. den Zahnarzt auch Zeit, da nicht mehrfach Anpassungen vorgenommen werden müssen.

Die Vorteile des 3D-Drucks in der Zahnmedizin beginnen jedoch nicht erst bei der Herstellung – auch der Prozess rund um diese wird durch die Additive Fertigung simplifiziert und verbessert.

Digitalisierung der Dentalindustrie

Das Wort Digitalisierung löst in Deutschland zumeist entweder müdes Gelächter oder traurige Blicke hervor. Zu schleppend, zu intransparent und zu kompliziert läuft die Digitalisierung in vielen Bereichen ab, sodass man bei der Digitalisierung schon beinahe von einem utopischen Gehirngespinst reden könnte.

Zu unserem Glück ist die Dentalindustrie hierbei anders und die Digitalisierung auch kein utopisches Gehirngespinst. Die Digitalisierung innerhalb der Zahnmedizin beginnt auch nicht erst innerhalb der Produktion, sondern bereits lange davor – nämlich bei der Abformung.

Wird klassischerweise durch den Biss des Patienten auf Alginat oder Polyether eine Negativform des Mundareals erstellt, welche daraufhin mit Gips ausgegossen wird, arbeitet die Additive Fertigung ausschließlich digital und nutzt daher Intraoralscanner, um ein Abbild der Zähne oder des Kiefers zu erhalten.

Solche Intraoralscanner bieten gleich mehrere Vorteile. Einerseits ist die Detailfeinheit weitaus höher als bei klassischen Abformungen, andererseits ist auch die Fehlerkorrektur massiv vereinfacht, da diese einfach am digitalen Modell vorgenommen werden kann. Zeitgleich können die laufenden Kosten für die Zahnarztpraxis minimiert werden, da nicht ständig neues Abformmaterial beschafft werden muss, und auch der verringerte Platzaufwand für die Praxis darf nicht unterschätzt werden.

Dieser verringerte Platzaufwand wird durch die digitale Speicherung des Patientenabbilds erreicht, welche einen weiteren großen Vorteil in sich birgt – die vollständige Digitalisierung der Patientenakte. Keine ausgedruckten Bilder in braun-beigen Ordnern mehr, sondern eine langfristige Speicherung als CAD-Modell, durch welche auch der zeitliche Vergleich mehrerer Abbilder massiv vereinfacht wird, was insbesondere bei langfristigen Behandlungen von höchster Wichtigkeit sein kann.

Die Additive Fertigung sorgt also nicht nur für Produktionsverbesserungen, sondern auch der gesamte hauseigene Prozess wird effizienter gestaltet. Und hauseigen ist hierbei das passende Stichwort, denn die Additive Fertigung ermöglicht als weiteren Vorteil für Zahnarztpraxen eine hauseigene Produktion ihrer Indikationen.

Verringerung von Transportwegen und Wartezeiten

Noch vor einigen Jahren war der Dental-3D-Druck ausschließlich großen Dentallaboren vorbehalten. Zu teuer und groß die Maschinen, zu komplex deren Handhabung. Mit der großflächigen Einführung von Desktop-3D-Drucklösungen wurde dieses Oligopol jedoch aufgebrochen und inzwischen können auch kleinere Dentallabore und selbst Zahnarztpraxen die Vorzüge der Additiven Fertigung genießen.

Diese erhöhte Verfügbarkeit, insbesondere für Zahnarztpraxen, bringt sowohl den Patienten als auch den Zahnärzten selbst massive Vorteile ein. Für die Patienten bedeutet es noch kürzere Wartezeiten und damit, wie bereits besprochen, weniger Schmerzen und für Zahnärzte verringert es massiv die Kosten, da kein Mittelsmann mehr zwischen ihnen und ihren Indikationen steht.

Dies bedeutet nun aber natürlich nicht, dass Dentallabore durch diese Desktop-Lösungen ausgestochen werden. Besonders bei komplexen Indikationen oder großen Produktionsmengen sind industrielle Dental-3D-Drucker weiterhin nötig und auch die Erfahrung der großen Dentallabore sollte, trotz der Zukunftsträchtigkeit der Technologie, nicht außer Acht gelassen werden – insbesondere bei kostspieligen Indikationen, wo Fehler nicht nur die Ehre, sondern auch den Geldbeutel angreifen.

Reduktion der Produktionskosten

So essenziell die Qualität der Indikationen und das Patientenwohl sind, am Ende des Tages müssen sich Arbeit und Produktion kostentechnisch lohnen. Zu unserem Glück kann der 3D-Druck auch in diesem Aspekt innerhalb der Zahnmedizin massiv punkten.

Dentalmaterialien für den 3D-Druck bewegen sich grundsätzlich in einem ähnlichen Preissegment wie die klassischen Materialien für die subtraktive Fertigung. Wo die Additive die subtraktive Fertigung jedoch aussticht, ist die Materialsparsamkeit – und damit wiederum in der Kosteneffizienz.

Bei der subtraktiven Fertigung wird Material entfernt, um Bauteile herzustellen, was unweigerlich zu Ausschuss führt. Im Gegensatz dazu entsteht bei der Additiven Fertigung das Bauteil schichtweise, wodurch kein übermäßiger Ausschuss produziert wird. Einzig und allein die dünnen Supportstrukturen an der jeweiligen Indikation müssen entsorgt werden, was nichtsdestotrotz eine massive Reduktion der Abfallproduktion bedeutet.

Ein weiterer Kostenpunkt, den der 3D-Druck verringern kann, sind die Personalkosten. Muss bei der herkömmlichen Produktion noch viel per Hand oder unter Aufsicht erledigt werden, sind 3D-Drucklösungen inzwischen mit hochautomatisierten Funktionen ausgestattet, die ein simples „Start drücken – Weggehen – Indikation erhalten“ möglich machen.

Zu guter Letzt ein banaler wirtschaftlicher Fakt, welcher nichtsdestotrotz hohe Wichtigkeit besitzt. Wer mehr produziert, der kann mehr Geld verdienen. Die massiv erhöhte Produktionsgeschwindigkeit durch den 3D-Druck sorgt für mehr Kapazitäten und damit für mehr Möglichkeiten, Geld zu verdienen – sowohl für Dentallabore, durch den Weiterverkauf der Indikationen, als auch für Zahnarztpraxen, durch die größeren Patientenkapazitäten.

Welche Werkzeuge und Indikationen lassen sich additiv fertigen?

Nachdem die Vorteile der Additiven Fertigung innerhalb der Dentalindustrie dargelegt wurden, ist es nun natürlich unerlässlich, die Werkzeuge und Indikationen aufzuzeigen, die additiv gefertigt werden können.

Die klassische Anwendung des 3D-Drucks in der Zahnmedizin sind Modelle aller Art. Ob simple Anschauungsmodelle, Modelle mit Stümpfen oder Modelle mit Kronenrändern, um die Passung zu überprüfen. Hierbei ist insbesondere der hohe Individualisierungsgrad von großer Wichtigkeit, da so Modelle hergestellt werden können, welche die Eigenheiten jedes einzelnen Patienten exakt abbilden können.

Eine weitere alteingesessene Applikation sind individuelle Abdrucklöffel. Auch wenn Intraoralscanner sich immer größerer Beliebtheit erfreuen und vielfältige Vorteile bieten, so sind klassische Abdrucklöffel weiterhin weitläufig in Benutzung und durch den 3D-Druck lassen sich diese individueller, schneller, kostengünstiger und hochwertiger produzieren.

Individuelle Bohrschablonen aus dem 3D-Drucker erfreuen sich ebenfalls großer Beliebtheit bei Zahnärzten, denn inzwischen lassen sich autoklavierbare und biokompatible chirurgische Bohrschablonen zur Platzierung von beispielsweise Implantaten ideal additiv produzieren.

Die Liste der Indikationen, die inzwischen additiv hergestellt werden, ist lang. Schienen aller Art, ob nun Knirscher-, Transfer- oder Aufbissschienen, Zahnprothesen, Brücken, Kronen – die Liste ließe sich noch eine ganze Weile so fortführen.

Während zur ersten Verbreitung des 3D-Drucks innerhalb der Zahnmedizin die meisten Materialien nicht für den Einsatz am menschlichen Körper geeignet waren, existieren inzwischen mehrere Hersteller, die Materialien für den kurzfristigeren Kontakt, z. B. der Klasse IIa, oder auch für den dauerhaften Kontakt mit dem menschlichen Körper produzieren und vertreiben.

Dies ermöglicht inzwischen die additive Herstellung von permanentem Zahnersatz, welcher in der klassischen Produktion weitaus höhere Kosten und Wartezeiten verursacht. Leider ist die Auswahl an Herstellern und Materialien für solche dauerhaften Indikationen noch relativ gering – aber die Zukunft bringt mit ziemlicher Sicherheit weitere Entwicklung und Fortschritt.

Fazit

Während die schrittweise Digitalisierung der Dentalindustrie bereits in den 70ern mit den ersten digitalen Scans begonnen hat und mit den ersten 3D-Druckern in den 90ern weiter vorangetrieben wurde, waren die Fortschritte lange Zeit nur sehr blass wahrzunehmen – besonders für den Patienten.

Doch seit einigen Jahren blüht der Dental-3D-Druck auf. Insbesondere durch die Verbreitung von Desktop-3D-Drucklösungen hat die dentale Digitalisierung geradezu eine Renaissance erlebt. Immer mehr Zahnärzte steigen auf die additive Produktion ihrer Indikationen um und immer mehr Dentallabore bieten die Möglichkeit, 3D-gedruckte Teile zu erwerben.

Dieser Trend wird sich auch in Zukunft kaum stoppen lassen. Zu groß sind die Vorteile, welche die Additive Fertigung mit sich bringt. Wo genau die Forschung uns hinträgt, steht allerdings noch in den Sternen. Welche neuen Indikationen, Materialien und Drucklösungen hinzukommen – bis dato ein Geheimnis.

Aber sobald sich diese Geheimnisse lüften, können Sie sicher sein, dass bereits eifrig an einem neuen Artikel zu den Fortschritten in der Dentalindustrie gearbeitet wird. Also schauen Sie regelmäßig hier vorbei, oder folgen Sie mir auf LinkedIn.